Wachstumsverhalten, der auf eine unterschiedliche Temperaturabhängigkeit von
Keimbildungs- und Kristallwachstumsgeschwindigkeit zurückzuführen ist [4.23].
Die Anzahl und Form der Kristalle der δ
1
-undζ-Phase hängt vom Verhältnis dieser
beiden Geschwindigkeiten bei der entsprechenden Erstarrungstemperatur ab. Da
die Bildung eines Keims eine höhere Aktivierungsenergie benötigt als sein
anschließendes Wachstum, nimmt mit steigender Temperatur die Keimbildung
stärker als das Kristallwachstum zu. Der Grund für das feinkristalline (δ
1
+ζ)-Gefüge
liegt daher in der hohen Keimbildungsgeschwindigkeit vor allem der ζ-Phase, die bei
Temperaturen kurz unterhalb der Beständigkeitsgrenze von 530 °CihrMaximum
erreicht. Die nicht in dem Maßetemperaturabhängige Kristallwachstumsge-
schwindigkeit kann der beschleunigten Keimbildung nicht folgen. Das sich
bildende feinkörnige Gefüge hat die Eigenschaft – analog dem Gefüge auf
Sandelin-Stahl im Normaltemperatur-Bereich – keine schichtdickenreduzierenden
Reaktionshemmungen auszulösen, da δ
1
-undζ- Phase nicht kompakt ausgebildet
sind.
Hochtemperatur-Bereich zwischen 530 °Cund620°C
Im Temperaturbereich zwischen 530 °C und 620 °Cistnurdieδ
1
-Phase thermo-
dynamisch stabil. Sie bildet sich bevorzugt auf Niedrigsilizium-Stahl aufgrund der
dort an der Stahloberfläche vorhandenen verunreinigungsfreien α-Eisenschicht und
der dadurch gegebenen hohen Reaktionsgeschwindigkeit stets kompakt mit
Schichtdicken zwischen 40–50 µm aus. Mit steigendem Si-Gehalt im Stahl kommt
es aber auch zunehmend zur Bildung einer nicht kompakten Mischphase, die aus δ
1
-
Kristallen besteht, die während des Verzinkens in Schmelze eingebettet sind. Beide
möglichen Phasenausbildungen werden im Ausschnitt des Zustandsschaubildes
Fe/Zn der Abb. 4.22 durch die gepunktete ellypsoide Markierung gekennzeichnet.
Bildet sich sofort und überwiegend eine Schicht aus δ
1
-Phase, wie das für
Niedrigsilizium-Stahl anzunehmen ist, dann bleibt auch beim Abkühlen nach dem
Verzinken die Phasenstruktur gleich und es entstehen gut ausgebildete, qualitativ
hochwertige Zinküberzüge. Der linke Pfeil in Abb. 4.22 kennzeichnet diese
Möglichkeit. Kommt es jedoch zur Bildung von (δ
1
-Phase+Schmelze), wie bei höher
Si-haltigen Stählen, so kommt es beim Abkühlen zu Phasenumwandlungen. Dieses
Verhalten wird durch den rechten Pfeil in Abb. 4.22 beschrieben. Aus (δ
1
+Schmelze)
kann sich (δ
1
+ζ)-, ζ-oder(ζ+η)-Phase bilden. Alle möglichen Phasenumwandlungen
führen zu Volumenveränderungen, wodurch beim Abkühlen mechanische
Spannungen in die Überzüge eingetragen werden. Darum neigen durch Hoch-
temperaturverzinkung erzeugte Überzüge dazu, teilweise spröde und brüchig zu
sein. Das kritische Phasengebiet (δ
1
+ Schmelze) wird prinzipiell mit steigender
Verzinkungstemperatur zurück gedrängt, weil bei höheren Temperaturen ver-
mutlich die Bildung einer kompakten δ
1
-Phase gefördert wird. Die qualitativ besten
Überzüge entstehen also auf Niedrigsilizium-Stahl bei möglichst hoher Ver-
zinkungstemperatur.
4 Technologie der Feuerverzinkung und Schichtbildung
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