
Sandelin-Stahl signifikant die höchste Wachstumsgeschwindigkeit besitzt. Die
Ursache dafür sollte aus Sicht der Wasserstofftheorie der Schichtbildung an dem
postulierten stetigen und starken Wasserstoffaustritt des Stahles im Sandelin-
Bereich liegen. Aus der Abb. 4.10 wird auch ersichtlich, dass die Reaktionskinetik bei
etwa 500 °CfüralleuntersuchtenStähle ähnlich ist, d. h. die Baustähle verzinken
nach gleichem, das lineare Zeitgesetz auslösenden Mechanismus.
Neben der zeitabhängigen gibt auch die temperaturabhängige Darstellung
übersichtlich die Zusammenhänge wieder. Die Abb. 4.11a–dstellendenSchicht-
dickenverlauf in Abhängigkeit von der Schmelzetemperatur dar. In Abb. 4.11a ist der
im Niedrigsilizium-Bereich markante Anstieg der Reaktivität bei 490–510 °Cgutzu
erkennen. Bei sehr kurzer (einminütiger) Verzinkung existieren noch keine
Schichtdickenunterschiede. Bemerkenswert ist auch, dass so gut wie keine
Temperaturabhängigkeit der Schichtdicken im Normaltemperaturbereich zwischen
435 und 460 °Cvorhandenist.
Die Abb. 4.11b zeigt die Temperaturabhängigkeit des Schichtwachstums auf
Sandelin-Stahl. Die schon diskutierten besonders hohen Wachstumswerte im
Sandelin-Maximum bei 460 °C sind dabei markant. Kurzes Tauchen minimiert
diesen Effekt, ein deutliches Sandelin-Maximum tritt erst bei einer Tauchdauer
>5
Minuten auf. Bei 550 °C entstehen unabhängig von der untersuchten Tauchdauer
gleiche und niedrige Überzugsdicken.
Die Charakteristik des Stahls im Sebisty-Bereich wird in Abb. 4.11c deutlich. Bei 10
Minuten Tauchdauer ist im Normaltemperatur-Bereich der Sebisty-Effekt stark
ausgeprägt,d.h.zwischen450°C und 470 °C tritt ein deutlicher Schichtdickenabfall
ein. Der Temperaturbereich bei 500 °C und der Hochtemperaturbereich bei 550 °C
sind wieder gesondert zu betrachten, da offensichtlich völlig andere Wachstums-
bedingungen gegeben sind. Alle typischen Schichtdicken-Effekte bilden sich auch
hier erst oberhalb von 5 Minuten Tauchdauer deutlich sichtbar aus.
Das Ergebnis der Verzinkung im Hochsilizium-Bereich (Abb. 4.11d) ähnelt
hinsichtlich der Schichtdicken sehr dem Sandelin-Bereich. Auf die deutlichen
Unterschiede im Gefügeaufbau und ihre Ursachen wird noch eingegangen.
Eine übliche graphische Darstellung ist die Abhängigkeit der Schichtdicke vom
Silizium-Gehalt des Stahls (Abb. 4.12). Bei dieser Darstellung ist allerdings zu
beachten, dass das Verzinkungsverhalten der Stähle in Abhängigkeit vom Si-Gehalt
nach unterschiedlichen Mechanismen verläuft und es sich dabei eher um vier
Einzelzustände handelt, die streng mathematisch gesehen nicht durch einen
durchgehenden Kurvenverlauf dargestellt werden können. Die Tatsache, dass das
aber trotzdem gemacht wird bzw. wahrscheinlich aus Praxissicht auch gar nicht
anders möglich ist, täuscht Kontinuität vor, wo eigentlich diskrete Einzelzustände zu
diskutieren sind.
Die vier beschriebenen Beispiel-Stähle unterscheiden sich in ihrem Verzinkungs-
verhalten bei 500 °C nur wenig und bei 550 °C, also im Hochtemperatur-Bereich, gar
nicht mehr. Im Normaltemperaturbereich, speziell zwischen 435 und 460 °C, sind
alle bekannten Phänomene im Verzinkungsverhalten der Stähle deutlich ausge-
bildet (Abb. 4.13, Detail). Dabei handelt es sich um das Sandelin-Maximum, den
Sebisty-Effekt, die fehlende Temperaturabhängigkeit im Niedrigsilizium-Bereich
und die relativ hohen Schichtdicken im Hochsilizium-Bereich.
4 Technologie der Feuerverzinkung und Schichtbildung
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