9.8 Lösung der Bewegungsgleichung
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x Bei expliziten Verfahren wird der Zustand zum Zeitpunkt tt ǻ alleine auf Basis des
dynamischen Gleichgewichts zum Zeitpunkt t dargestellt.
x Bei impliziten Verfahren wird der Zustand auf Basis des dynamischen Gleichgewichts
zum Zeitpunkt
tt ǻ unter Nutzung von Iterationen über alle Zeitschritte dargestellt.
Beide Verfahren haben Vor- und Nachteile, weshalb hier der Einsatzfall maßgebend ist.
Bei den gewöhnlichen strukturdynamischen Untersuchungen ist man am dynamischen Ge-
samtverhalten interessiert. Dies unterscheidet sich von so genannten Wellenausbreitungs-
problemen, wo lokale Phänomene untersucht werden sollen. Anders ausgedrückt spielen hier
die Zeitdauern eine große Rolle, die einmal im Sekundenbereich und einmal im Mikrose-
kundenbereich liegen. Entsprechend kommen dann die Vorteile der Verfahren zur Geltung:
x Explizite Verfahren erfordern nur eine geringe Rechenzeit, haben jedoch eine Stabilitäts-
grenze. Diese Stabilitätsgrenze ist gleich die Zeitdauer, die eine elastische Spannungs-
welle benötigt, um durch das kleinste finite Element im Netz zu laufen.
x Implizite Verfahren benötigen eine derartige Stabilitätsgrenze nicht, da die Zeitschritte
um mehrere Größenordnungen größer sind. Dies hat aber den Nachteil, dass die FE-DGL
in jedem Zeitschritt zu lösen ist.
Die Anwendung expliziter Verfahren ist daher bevorzugt in der nichtlinearen FE-Dynamik
(schnelle Umformung, Fahrzeugcrash etc.) zu sehen, wofür auch spezielle Programmsysteme
(z. B. ABAQUS-explizit, PAM-CRASH, LS-DYNA, RADIOSS CRASH) existieren.
Wegen der zunehmenden Bedeutung dieser Problemstellungen soll abschließend zur Dyna-
mik noch einmal auf die verschiedenen computerorientierten Verfahren zur Lösung der Be-
wegungsgleichung eingegangen werden. Ausgangspunkt ist wieder die allgemeine Bewe-
gungsgleichung
PUKUCÜM
. (9.110)
Mathematisch ist dies eine gewöhnliche lineare DGL zweiter Ordnung. Da bei der FE-
Methode das dazugehörige Gleichungssystem sehr groß werden kann, sind für die Lösung
nur ganz wenige Verfahren von Interesse. Als besonders geeignet haben sich die direkte In-
tegration und die Modenüberlagerung /SON 99/ erwiesen.
Direkte Integration
Als direkte Integration wird die Lösung von DGLs mit einem numerischen Schritt-für-
Schritt-Verfahren bezeichnet. Grundannahme sei hierbei, ein Gleichungssystem nicht in
jedem Zeitpunkt t erfüllen zu wollen, sondern nur in einem bestimmten Zeitintervall t' .
Dazwischen wird von linearer Interpolierbarkeit ausgegangen. Das Newmark-Verfahren
realisiert diesen Ablauf.
Voraussetzung für das Newmark-Verfahren ist, dass die Verschiebungs-, Geschwindigkeits-
und Beschleunigungsvektoren
ÜUU ,,
zum Zeitpunkt 0 bekannt sind und die Lösung von