1.1 Historischer Überblick
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Herausgehoben werden sollen hier nur einige markante Entwicklungsschritte:
x Im Jahre 1941 hat Hrennikoff ein Stabmodell (Gitterrostverfahren) geschaffen, mit dem
2-D-Stabwerk- und Scheibenprobleme einfacher lösbar waren. Er benutzte dabei einen
Matrizenformalismus, der der heutigen FE-Methode ähnlich ist.
x Etwa 1943 haben Courant und später Prager/Synge bereichsweise Ansätze zur Lösung
von Differenzialgleichungen herangezogen und damit das Prinzip der Unterteilung von
Lösungsgebieten benutzt, welches dem Grundgedanken der FEM entspricht.
x Aufbauend auf den Arbeiten von Ostenfeld (Tragwerkberechnung mit Verschiebungen als
Unbekannte) haben Argyris und Kelsey (1954) im Wesentlichen das Matrizenformat für
die Berechnung von stabartigen Tragwerken mit dem Kraft- und Verschiebungsgrößen-
verfahren aufbereitet. Etwa parallel erfolgte durch Turner, Clough, Martin und Topp die
Übertragung auf die Festkörpermechanik. Begünstigt wurden diese Arbeiten durch das
Aufkommen der ersten leistungsfähigen Computer.
x Die Prägung des Begriffs „FEM“ wird im Allgemeinen Clough (1960) zugeschrieben, der
hiermit die Modellvorstellung eines Kontinuums als eine Zusammensetzung von Teilbe-
reichen (finiten Elementen) verband. In jedem Teilbereich wird das Elementverhalten
durch einen Satz von Ansatzfunktionen beschrieben, die die Verschiebungen und Span-
nungen in diesem Teilbereich wiedergeben.
x Ein Ziel der FEM besteht darin, die problembeschreibende DGL in ein lineares Glei-
chungssystem umzuwandeln. Dieser Schritt gelingt einmal dadurch, indem über das Vari-
ationsprinzip eine Ersatzgleichgewichtsbedingung formuliert wird oder durch das Verfah-
ren des gewichteten Restes (Ritz-Galerkin) die Abweichungen, eines die DGL er-
füllenden Lösungsansatzes, minimiert werden. Diese Erkenntnisse sind etwa 1962 von
Besseling, Melosh und de Veubeke gewonnen worden.
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In der Folge hat die FEM im Ingenieurwesen große Aufmerksamkeit gefunden, was durch
eine eigene Konferenz und die Abfassung erster Lehrbücher dokumentiert ist.
x Mit der Etablierung der Methode setzte eine stürmische Weiterentwicklung ein, und es
wurden über die lineare Elastik ergänzende Formulierungen für nichtlineares Materialver-
halten, nichtlineares geometrisches Verhalten, Instabilität und Dynamik gefunden. Durch
den ausgewiesenen Anwendungserfolg bestand weiteres Interesse, auch andere Phäno-
mene wie Wärmeleitung, Strömung, elektromagnetische Felder und Multiphysik (gekop-
pelte Effekte) für die FE-Methode zu erschließen.
x In dem heute angestrebten integrativen, rechnerunterstützten Konstruktionsprozess stellt
FEM in Verbindung mit CAD ein wichtiges Basisverfahren dar, welches im Zuge der vir-
tuellen Produktentwicklung immer stärker angewandt wird.
Gemäß dem derzeitigen Stand der Technik werden von verschiedenen Softwarehäusern
kommerzielle Universalprogramme (z. B. NASTRAN, ANSYS, MARC, I-DEAS, ABAQUS
usw.) angeboten, die sich nur in Nuancen unterscheiden. Meist sind diese Programmsysteme
für die lineare Elastomechanik entwickelt und später um Module zur nichtlinearen Festig-
keitsberechnung, Dynamik oder Wärmeleitung erweitert worden. Daneben existieren auch