2 Anwendungsfelder und Software
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Ein Kriterium für die Anwendung der Methode ist, dass das physikalische Problem entweder
durch eine Differenzialgleichung oder ein äquivalentes Variationsprinzip darstellbar ist. Wir
werden später herausarbeiten, dass dies bei den Problemklassen der Elastostatik und Elasto-
dynamik entweder die Differenzialgleichung des Gleichgewichts oder ersatzweise die
Gleichheit der inneren und äußeren virtuellen Arbeit ist. Die Befriedigung dieser Glei-
chungen versucht man mit geeigneten Ansätzen näherungsweise zu erfüllen, wodurch sich
der Näherungscharakter der Methode /MAY 93/ ergibt.
Bei der Behandlung elastostatischer und elastodynamischer Probleme wendet man heute die
so genannte Verschiebungsgrößen-Methode (unbekannt sind die Verschiebungen in einer
Struktur) an, in dem man Ansatzfunktionen für das Verschiebungsverhalten der Elemente
vorgibt und hiermit ein Gleichungssystem bildet. Früher wurde auch die so genannte Kraft-
größen-Methode (unbekannt sind die Kräfte in einer Struktur) verwandt. Da in der Praxis
aber viel häufiger die Kräfte als die Verschiebungen bekannt sind, hat sich in der Theorie
und Programmerstellung die Verschiebungsgrößen-Methode durchgesetzt, weshalb diese im
Folgenden auch Formulierungsbasis sein soll.
Im Zuge der Weiterentwicklung der FE-Methode ist abzusehen, dass über die Stufen Feld-
probleme, Multiphysik zukünftig komplexe Systemmodellierungen ein breites Anwendungs-
feld darstellen werden. Dynamische bzw. elastodynamische Systeme werden immer tiefer
durch die MKS oder EMKS (elastische Mehrkörpersysteme) erschlossen. Zu den
wichtigsten Feldproblemen zählen: Wärmeleitung, Potenzialströmung und Magnetismus.
Diese Probleme lassen sich auf einen identischen DGL-Typ zurückführen. Je nach
Spezifikation der Konstanten kann dann die Fourier’sche Wärmeleitungsgleichung, die
Poisson’sche Gleichung für Potenzialströmungen oder die Maxwell’sche Gleichung für die
magnetische Kraftwirkung entwickelt werden. Ein entsprechendes FE-Modell ist dadurch
gekennzeichnet, dass an den Knoten nur eine skalare Unbekannte (Temperatur, Druck,
Magnetkraft etc.) vorkommt und daher ein modifiziertes Programm mit einer anderen
Speichertechnik benötigt wird.
Weiter sind in den letzten Jahren CFD-Programme
*)
(Computational Fluid Dynamics) ent-
wickelt worden. Diese stellen eine Realisierung für Strömungsprobleme mit dem Medium
Luft oder Wasser dar. Darüber hinaus können auch zähe Strömungen (Kunststoffschmelzen)
mit dem Modul MOLDFLOW erfasst werden.
2.2 Kommerzielle Software
Der Softwaremarkt hat sich in den letzten Jahren sehr konsolidiert. Während vor 10 Jahren
noch etliche hundert große und kleine FE-Programme am Markt waren, hat sich dies auf
wenige Systeme konzentriert. Dieser werden mit großer Programmierkapazität überwiegend
in den USA entwickelt und weltweit vermarktet. Man schätzt den FE-Markt auf ein
Volumen von 3-4 Mrd. Dollar/Jahr.
Im umseitigen Bild 2.2 ist eine Kurzübersicht über die in Deutschland verbreitetsten Pro-
gramme wiedergegeben. Die Unterschiede sind im Prinzip gering. Dies schließt nicht aus,
dass man in einem speziellen Anwendungsfall gerade die „letzten 5 %“ benötigt.
*)
Anmerkung: z. B. kommerzielle Softwareprodukte FLOW-3-D, CFX, StarCD, Fluent