60 Kapitel 2. Grenzzyklen und Stabilit
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atskriterien
Obige Untersuchungen motivieren folgendes Kriterium
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uber die Stabilit
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at
von Grenzzyklen. Wie das Verfahren der harmonischen Balance selbst, liefert
es jedoch keine sichere Aussage, sondern gibt nur Hinweise auf die m
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oglichen
Verh
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altnisse.
Heuristik 2 (Stabilit
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at von Grenzzyklen). Ein Grenzzyklus ist im Falle
einer Regelstrecke G(s) mit ausschließlich stabilen Polen und h
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ochstens zwei
Polen bei s =0vermutlich
(1) stabil, wenn die nichtlineare Ortskurve die lineare von rechts nach links im
zugeh
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origen Schnittpunkt kreuzt,
(2) semistabil, wenn die nichtlineare Ortskurve die lineare im zugeh
¨
origen
Schnittpunkt tangiert,
(3) instabil, wenn die nichtlineare Ortskurve die lineare von links nach rechts
im zugeh
¨
origen Schnittpunkt kreuzt.
Die Richtungen links und rechts sind dabei als diejenigen anzusehen, die sich
beim Entlanglaufen auf der linearen Ortskurve, beginnend bei ω = 0, ergeben.
Ein instabiler oder semistabiler Grenzzyklus ist f
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ur einen Regelkreis re-
lativ unkritisch, da die Trajektorie ihn bei kleinsten St
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orungen verl
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asst und
dann z. B. stabil nach x = 0 strebt. Kennlinien mit Funktionen −1/N (A), die
wie in Situation 2 des Bildes 2.12 in Richtung Ursprung laufen, sind also un-
gef
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ahrlicher als die, bei denen das andersherum ist. Denn −1/N (A) schneidet
dann die Ortskurve G(jω) von links nach rechts, da die meisten Ortskurven
im Uhrzeigersinn drehend in den Ursprung laufen.
F
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ur das Verfahren der harmonischen Balance gibt es eine Reihe von Erwei-
terungen f
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ur Regelkreise mit mehreren Kennlinien, unsymmetrischen Kennli-
nien und Abtastregelungen [50, 60].
2.1.5 Beispiel Servolenksystem
Wir betrachten ein Servolenksystem f
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ur Kraftfahrzeuge, das nach dem Win-
kel
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uberlagerungsprinzip arbeitet [92, 101, 102]. Bei diesem Prinzip wird ei-
ne hohe Lenk
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ubersetzung verwendet, um das Lenkmoment f
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ur den Fahrer
zu reduzieren. Nachteilig sind die großen Lenkwinkel. Ein motorgetriebenes
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Uberlagerungsgetriebe verringert daher den Lenkwinkel, den der Fahrer auf-
zubringen hat. Das
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Uberlagerungsgetriebe erzeugt hierf
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ur einen Zusatzwinkel
δ
2
, der dem Lenkradwinkel δ
1
additiv
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uberlagert wird. Beide zusammen er-
zeugen den Ausgangswinkel δ
y
. Bild 2.13 zeigt den prinzipiellen Aufbau.
Servolenksysteme mit Winkel
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uberlagerungsprinzip werden auch bei Ak-
tivlenkungen eingesetzt. Die Aktivlenkung reduziert den Lenkwinkelbedarf
bei niedrigen Geschwindigkeiten durch Mitlenken des Stellmotors. Der Fah-
rer kann so mit kleineren Lenkradbewegungen enge Kurven durchfahren. Bei
hohen Geschwindigkeiten lenkt der
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Uberlagerungsmotor gegen, so dass große
Lenkradbewegungen nur zu kleinen Lenkeinschl
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agen f
¨
uhren. Das erh
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oht die
Fahrsicherheit in diesem Geschwindigkeitsbereich.