10 Kapitel 1. Grundlagen nichtlinearer Systeme
Ruhelage hineinlaufen. In einer abgeschw
¨
achten Version benutzt man den Be-
griff stabil auch dann noch, wenn die Trajektorien zwar nicht in die Ruhelage
laufen, aber in einer n
¨
aheren Umgebung der Ruhelage verbleiben.
Wir betrachten im Weiteren zuerst einige Beispiele stabiler und instabiler
Ruhelagen, um einen Eindruck zu bekommen und ein erstes Verst
¨
andnis zu
entwickeln. Am einfachsten gelingt dies anhand linearer Systeme ˙x = Ax mit
der Ruhelage x
R
= 0.DaindenL
¨
osungen x(t) linearer Differenzialgleichun-
gen ˙x = Ax nur Terme
e
λ
i
t
und t
k
e
λ
j
t
mit k ∈{1, 2, 3,...}
enthalten sind, laufen alle Trajektorien x(t) des Systems f
¨
ur t →∞offen-
sichtlich in die Ruhelage x
R
= 0,wennf
¨
ur jeden Eigenwert λ
i
des Systems
Re {λ
i
} < 0
gilt. Man bezeichnet dann nicht nur die Ruhelage, sondern auch das System
als stabil. Bild 1.8 zeigt die Trajektorien eines solchen linearen Systems.
Gilt dagegen f
¨
ur mindestens einen Eigenwert
Re {λ
i
} > 0,
so ist die Ruhelage instabil, denn dann streben Trajektorien von ihr weg.
Daher wird ein solches lineares System auch als instabil bezeichnet. Bild 1.9
zeigt ein Beispiel.
F
¨
ur den Fall eines Systems mit einem Paar konjugiert komplexer Eigen-
werte λ
1/2
= ±j liegt ein harmonischer Oszillator vor, dessen Trajektorien
Bild 1.10 zeigt. Offensichtlich laufen die Trajektorien weder in die Ruhelage
x
R
= 0 noch ins Unendliche. Auch hier besitzt die Ruhelage x
R
= 0 also
noch eine gewisse Stabilit
¨
at.
¨
Ahnlich gelagert ist der Fall eines Systems zwei-
ter Ordnung mit einem Eigenwert λ
1
= 0 und einem Eigenwert λ
2
< 0, wie
ihn Bild 1.11 veranschaulicht. Zwar laufen alle Trajektorien in eine Ruhelage
auf der x
1
-Achse, aber keine Ruhelage zieht alle Trajektorien an. Es laufen al-
lerdings auch keine Trajektorien ins Unendliche, weshalb man solche Systeme
oft auch noch als stabil bezeichnet.
Um einen ersten Eindruck der Stabilit
¨
atsverh
¨
altnisse bei nichtlinearen Sys-
temen zu bekommen, wird das System
˙x
1
= x
1
(x
2
− 1),
˙x
2
= x
2
(x
1
− 1)
(1.6)
als Beispiel betrachtet. Es besitzt zwei Ruhelagen bei
x
R1
=
0
0
und x
R2
=
1
1
.
Hier zeigt sich der schon erw
¨
ahnte Unterschied zu linearen Systemen. Es gibt
zwei isolierte Ruhelagen. Das ist bei linearen Systemen nicht m
¨
oglich. Sie be-
sitzen entweder eine Ruhelage in x
R
= 0 oder ein Kontinuum von Ruhelagen.