
4.1 Aufladung 179
sprung den Düsenring bis zum Erreichen des gewünschten Ladedruckes in Rich-
tung des kleinsten Turbinenquerschnittes zu verstellen. Das vom Motor abgegebe-
ne Drehmoment wird neben dem Ladedruck nämlich auch vom Abgasgegendruck
bestimmt. Aus diesem Grund muss bei der Regelung des Ladedruckes darauf
geachtet werden, dass insbesondere die Grenzwerte von Luftverhältnis und Spül-
druckgefälle eingehalten werden, um eine saubere Verbrennung und einen mög-
lichst guten Ladungswechsel realisieren zu können. Das zeigt sehr deutlich, dass
moderne Abgasturbolader hohe Anforderungen an die Regelung stellen, speziell
dann, wenn zahlreiche Grenzwerte sehr genau eingehalten werden müssen. Elekt-
rische Aktoren zur Leitschaufelverstellung haben hierbei gegenüber einer pneuma-
tischen Verstellung deutliche Vorteile.
Ein ähnlicher Effekt wie durch die verstellbaren Leitschaufeln wird durch eine
variable Schieberturbine (VST) erreicht, bei der eine koaxiale Buchse durch axia-
les Verschieben derselben den Querschnitt zum Turbinengehäuse ändert. Dieses
Prinzip kann bereits heute bei Abgastemperaturen bis zu 980 °C und neben gängi-
gen auch für kleinste Laderbaugrößen eingesetzt werden [HOE01].
Beim heutigen Stand der Technik müssen Motoren, deren Maximaldrehzahl
oberhalb von 5.000 1/min liegt, neben VTG auch mit Waste-Gate betrieben wer-
den, um auf große Turbinen verzichten zu können, die ihrerseits Nachteile beim
Drehmoment in unteren Drehzahlbereich aufweisen. Diese Tatsache erschwert
grundsätzlich die Abgasturboaufladung bei Ottomotoren. Darüber hinaus sind
VTG-geregelte Turbolader für Ottomotoren aufgrund der hohen thermischen Be-
lastung der Turbine derzeit noch nicht serienreif. Die Grenzen liegen derzeit bei
Abgastemperaturen von 850-900 °C [GAB02]. Am Turbineneintritt von aufgela-
denen Ottomotoren werden unter stationären Bedingungen ca. 970 °C erreicht
[SIM00]. Sollen im Nennleistungspunkt zudem deutliche Einsparungen im Kraft-
stoffverbrauch möglich werden – und das ist gerade bei Downsizing-Konzepten,
die sich über weite Zeitanteile im Hochlastbereich bewegen, von essentieller Be-
deutung – ist auf eine den thermischen Bauteilschutz sicher stellende Gemischan-
fettung zu verzichten, was je nach Luftverhältnis eine Steigerung der Abgastempe-
ratur um 50-100 K auf weit über 1.000 °C bedeutet [HAB00]. Das erfordert
grundsätzlich neue konstruktive und werkstofftechnische Lösungen für die Abgas-
turbine.
Da der Ladedruck bei der Abgasturboaufladung von den thermischen Zu-
standsgrößen des Abgases beeinflusst wird, kann sich eine gezielte Steuerung des
Verbrennungsablaufes vorteilhaft auf den Ladedruckaufbau auswirken. Eine Ver-
schleppung der Wärmefreisetzung nach „spät“, die z.B. durch späten Einspritzbe-
ginn, Nacheinspritzung oder späte Zündung realisiert werden kann, führt zu stei-
genden Abgastemperaturen und Zylinderdrücken bei der Steuerzeit AÖ und erhöht
damit das Abgasenthalpieangebot für die Turbine. Die höhere Turbinenleistung
ermöglicht einen beschleunigten Ladedruckaufbau, ist jedoch aufgrund der späten
Wärmefreisetzung stets mit Nachteilen im Kraftstoffverbrauch sowie ggf. mit
erhöhten Ruß- und HC-Emissionen verbunden, sodass diese Maßnahmen nur zur
Verbesserung des Instationärverhaltens geeignet sind.
Bei luftansaugenden Motoren mit Qualitätsregelung kann die Turbinenleistung
darüber hinaus auch durch eine gezielte und zeitlich begrenzte Gemischanfettung