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Des Weiteren sollte beachtet werden, dass weniger und eindeutigere Verkehrsregeln die Akzeptanz der
Verkehrsteilnehmer erhohen. Dies gilt etwa fur die Schaltung von Lichtsignalanlagen, die haufig z.B. zu deutlich
geringeren Grunzeiten fur den Radverkehr im Vergleich zum parallel fahrenden Autoverkehr oder zu
erheblichem Zeitverlust beim Abbiegen fiihren. Daruber hinaus finden die komplizierten Regelungen des
Radverkehrs an Lichtsignalanlagen haufig keine oder nur geringe Akzeptanz. Je nach Gestaltung der
Lichtzeichen- und der Radverkehrsanlage haben Radfahrer die Fahrbahnampel, das Fuftgangersignal oder die
spezielle Radfahrerampel zu beachten. Dann ist es nicht verwunderlich, dass ein Fahrradfahrer auf dem Radweg
parallel zu den Autos bei deren Grun ohne jede Gefahrdung uber die Kreuzung fahrt wahrend das fur ihn
geltende Fulkjangersignal Rot zeigt. Insgesamt bedurfen Radverkehrsanlagen und die entsprechenden
Verkehrsregeln, angefangen vom Belag eines Radweges bis zur sinnvollen Schaltung der Lichtzeichenanlage
derselben Aufmerksamkeit wie der Autoverkehr.
Dies entspricht auch dem Ergebnis einer reprasentativen Umfrage des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-
Clubs im Jahr 2009, bei der 70% der Befragten als wesentlichen Aspekt der Verkehrssicherheit den Bau von
mehr Radwegen vor allem in grofcen Stadten und 44% der Befragten die fahrradfreundlichere Gestaltung der
Verkehrsregeln angegeben haben. 66% der Befragten traten fur eine intensive Verkehrserziehung an Schulen ein.
Damit ergibt sich ein weiterer Losungsansatz zur Verbesserung der Verkehrssicherheit im Bereich des
Fahrradverkehrs. Untersuchungen haben ergeben, dass typische Regelverstofce von Radfahrern zumeist nicht
durch Unkenntnis bedingt sind. Die Verkehrsregeln sind im Allgemeinen gut bekannt. Die Radfahrer sind sich
der Regelubertritte durchaus bewusst.
Kenntnis und Befolgen der Regeln - insoweit ist die Verkehrserziehung in der Schule und bereits im
Kindergarten von grower Bedeutung - reichen aber allein nicht aus. Erforderlich ist daruber hinaus die
Entwicklung eines Gefahrenbewusstseins, das vielen Radfahrern fehlt.
Gerade unsichere und ungeubte Radfahrer fahren lieber auf dem Gehweg als auf der Fahrbahn, wenn kein
Radweg vorhanden ist oder sie benutzen den Radweg in Gegenrichtung, urn die Fahrbahn nicht iiberqueren zu
mussen. Dabei wird die hohere Unfallgefahr durch Ubersehenwerden und Kollisionen mit entgegenkommenden
Radfahrern unterschatzt. Es ist daher erforderlich, Radfahrer umfassend iiber die typischen Gefahrensituationen
aufzuklaren. Dies kann verstarkt in den Medien, aber auch in der Fahrschulausbildung geschehen, in der in
starkerem Mafce auf die Belange der Radfahrer eingegangen werden muss. Hier sollte den Fahrradfahrern auch
das Tragen eines Helmes empfohlen werden, da der Helm in vielen Unfallsituationen Leben retten oder schwere
Kopfverletzungen verhindern kann.
Neben dieser Verkehrsaufklarung ist eine konsequente polizeiliche Verkehrsiiberwachung unerlasslich. Ein
haufiger Grund, warum Radfahrer Verkehrsregeln missachten, liegt in der Anonymitat dieser
Verkehrsteilnehmer. Nur verhaltnismaftig selten kommt es bei Regelverstoften von Radfahrern zu Sanktionen in
Form von Verwarnungs- und Bulkjeldern. Dabei spielt auch eine Rolle, dass in der Bundesrepublik Deutschland
keine Pflicht besteht, den Personalausweis standig mitzufuhren. So nennen bei polizeilichen Kontrollen
Radfahrer nicht selten falsche Personalien und entgehen damit moglichen Sanktionen. Eine entsprechende
Verpflichtung zum Mitfuhren des Personalausweises konnte die Verantwortlichkeit erhohen und die
missbrauchte Anonymitat in Frage stellen.
In diesem Zusammenhang ist auch das Problem der Unfallflucht anzufuhren, denn nicht selten kommt es
zu Verkehrsunfallen mit nicht unerheblichen Personen- und Sachschaden zwischen zwei Radfahrern mit
anschliefcender Unfallflucht, wobei sich dann fur die Opfer das Problem der Kostenregulierung stellt. Soweit der
fehlende Haftungsschutz das Fluchtmotiv ist, konnte in vielen Fallen eine entsprechende Pflichtversicherung den
Fluchtanreiz nehmen.
Eine erhebliche Beeintrachtigung der Verkehrssicherheit ergibt sich des Weiteren durch fehlende oder
technisch minderwertige Lichtanlagen der Fahrrader.
Dynamos rutschen bei Nasse durch, schlecht verlegte Kabel reifcen ab, Gluhlampchen brennen durch.
Viele Fahrrader sind mit billigen Lichtanlagen ausgerustet, deren Kabel sich schnell losen und die gegen aufcere
Sto&e nicht geschutzt sind.
Diesem gravierenden Problem kann neben intensiven polizeilichen Kontrollen wirksam nur dadurch
begegnet werden, dass nur noch mit Beleuchtung nach der Strafcenverkehrszulassungsordnung ausgestatte
Fahrrader verkauft werden durfen.
SchlieGlich hat sich das ungeordnete Abstellen von Fahrradern im offentlichen Verkehrsraum zu einem
ernsten, die Verkehrssicherheit beruhrenden Problem entwickelt. So sind z.B. in der „Fahrradstadt" Munster mit
ca. 280.000 Einwohnern etwa 500.000 Fahrrader in Betrieb oder im offentlichen Verkehrsraum abgestellt.
Jahrlich werden ca. 500 nicht mehr benutzte Fahrrader auf Kosten der Allgemeinheit entsorgt. Offentliche
Verkehrsflachen, Fufkjangerbereiche werden hier zeitweise mit 2.000 Fahrradern zugestellt, sind teilweise nicht
mehr passierbar und fuhren damit zu ernsthaften Verkehrsbehinderungen. Hier konnen sicherlich Verbote allein
keine Abhilfe schaffen. Eine wirksame Gegenmaftnahme ist die Schaffung geeigneter Abstellmoglichkeiten fur
Fahrrader, die auch Schutz vor Diebstahl oder vor Witterungseinflussen bieten und so eine wesentliche
Voraussetzung fur eine hohe Akzeptanz erfullen.