finnischen Volksmärchen, dessen Redaktion dem Unterzeichneten anvertraut ist, soll die
Reihe dieser Kataloge eröffnen. Die reichen Märchenschätze, die sich im Besitze der
Finnischen Litteraturgesellschaft befinden und deren Inhalt bisher aus sprachlichen Gründen
den ausländischen Forschern zum grössten Teile unbekannt geblieben ist, werden so nunmehr
erschlossen und für die Benutzung zugänglich gemacht.
Doch hat dieser erste Katalog seine Vorarbeiten erfordert. Es existierte kein System, das in
der bunten Menge der Volksmärchen die einzelnen Märchentypen festgestellt und zu einem
geordneten Ganzen vereinigt hätte. Daher galt es zunächst, einen zweckentsprechenden
systematischen Typenkatalog auszuarbeiten. Das Fehlen eines gemeinsamen den
Anforderungen der verschiedenen Länder nach Möglichkeit gerecht werdenden
Einteilungssystemes hat sich schon lange fühlbar gemacht. Ein solches System hat natürlich
seine Bedeutung auch dadurch, dass es die Volksmärchen ordnet und klarstellt, aber in erster
Linie hat es praktische Bedeutung. Wie sehr würde es die Arbeit des Materialsammlers
erleichtern, wenn alle bis jetzt gedruckten Märchensammlungen nach demselben Systeme
geordnet wären. Der Forscher wäre in der Lage, aus jeder Sammlung augenblicklich das
Material, dessen er bedürfte, herauszufinden, während er gegenwärtig gezwungen ist, das
ganze Werk durchzusehen, wenn er sich mit dem Inhalt vertraut machen will. Denn ein jeder
Herausgeber hat seine Sammlung nach eigenem Gutdünken geordnet, wobei sich nur wenige
von tieferer Sachkenntnis haben leiten lassen. Zusammengehörige und einander nahestehende
Stoffe finden sich häufig hier und da verstreut. Wenn es nun dem [IV] vom Folklore-Verein
herausgegebenen Typenverzeichnis gelingt, in den Sammlungen und Katalogen, die in
Zukunft veröffentlicht werden, allgemein in Anwendung zu kommen, so wird dadurch das
Sammeln von Material in hohem Grade erleichtert werden.
Wenn ich nun daran gehe, die Anordnung des neuen Typenverzeichnisses zu erklären, möchte
ich zu Anfang bemerken, dass dieses Verzeichnis in seiner gegenwärtigen Form keinen
Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Als Grundlage desselben haben gedient die finnischen
Manuskriptsammlungen, S. G r u n d t v i g s dänische Sammlungen und die bekannten
deutschen „Kinder- und Hausmärchen“ der Brüder G r i m m . Es sind daher vorläufig mit
Ausnahme einiger Zusätze nur die in den erwähnten Sammlungen vorkommenden
Märchentypen vertreten.
1)
Doch soll das Verzeichnis in Zukunft vervollständigt werden. Seine
Anpassung für weitere Gebiete erfordert natürlich die Hinzufügung neuer Märchenformen,
welcher Umstand bei der Nummerierung der Typen in Betracht gezogen worden ist. An
vielen Stellen sind Nummern für neue Typen freigelassen worden, und damit diese einen
möglichst passenden Platz erhalten können, hat die Auslassung von Nummern überall da
stattgefunden, wo eine grössere oder kleinere Märchengruppe abschliesst, bisweilen auch
mitten in der Gruppe. Es sind so viele Nummern ausgelassen worden, dass, während die Zahl
der Märchentypen 540, oder wenn man auch die unter derselben Nummer vereinigten
Variationen in Betracht zieht, 587 beträgt, die letzte im Verzeichnis angewandte Nummer
1960 ist. Sollten im Laufe der Zeit hier und da mehr neue Typen hinzukommen, als für
dieselben Raum gelassen ist, so bleibt der Ausweg, dieselbe Nummer durch Zusätze zu
vervielfältigen, z.JB. durch Hinzufügung einer kleingeschriebenen [V] römischen Ziffer. So
entstehen solche Typen wie 165
I
, 165
II
, u.Js.Jw. Durch hinter die Nummer gestellte
Buchstaben werden variierende Formen desselben Typs bezeichnet, wo solche vorhanden
sind. Z.JB. werden bei dem Typ 313 drei Variationen unterschieden: 313JA, 313JB und 313JC.
1)
Wo hinter den Typen bemerkt ist, welche Nummer das betreffende Märchen in Grundtvigs
Märchenverzeichnis und in der Grimmschen Sammlung hat, ist ersteres mit „Gg“ und letztere mit
„Grimm“ bezeichnet.